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ESSAY: Der Fall Cantat

Textumfang: 62 207  Zeichen

~ 41,5 DIN A4-Normseiten à 1 500 Zeichen

 

Autorin und Urheberrecht: Simone Heil

Der Fall Cantat

22. bis 26. Dezember 2015

 

Vorab möchte ich meinen aufrichtigen Respekt und mein inniges Mitgefühl aussprechen für das Künstlerpaar Nadine und Jean-Louis Trintignant, die die Eltern von Marie Trintignant sind, für die Eltern von Kristina Rady, sowie den Musiker Bertrand Cantat und die anderen involvierten Menschen.

    Der folgende Essay ist spekulative Imagination und ebenso spekulative Interpretation von Ereignissen und beteiligten Menschen, über die ich nicht viel weiß. Ich habe weder ausreichend recherchiert, noch habe ich ausreichende Kenntnisse über die Familie Trintignant, Kristina Rady und Bertrand Cantat. Ich stelle meine Eindrücke und Vermutungen dar. Ich bin dankbar für Hinweise, falls ich mich auf "falsche Fakten' oder "falsche Chronologie' beziehe.

    In der Nacht vom 26. auf 27. Juli 2003 tötete der Musiker Bertrand Cantat die Schauspielerin Marie Trintignant im Drogendelirium mit mehreren Schlägen ins Gesicht nach nur knapp einjähriger Liebesbeziehung. Wie konnte das passieren?

    Ein Kind stirbt vor seinen Eltern, wohl eine der leidvollsten, schmerzlichsten Erfahrungen. In dieser qualvollen Situation leben die Eltern Trintignant und Rady, die jeweils ihre Tochter verloren haben. Bertrand Cantat hat das wohl schlimmste individuelle Verbrechen begannen, das ein Mensch einem anderen Menschen zufügen kann: Er hat Marie Trintinant das Leben genommen. Kristina Rady hat sich selbst das Leben genommen. 2 tote Frauen, ein lebender Mann. 

    Ein Drama, einer griechischen Tragödie gleich. Was für Frauen, was für ein Mann? Mehrere Berühmtheiten. Sorry, berühmte Persönlichkeiten können sich nicht nur in den Lichtseiten des Ruhmes wälzen, die Schattenseiten gehören auch dazu. Und Eure Lichtgestalten werfen lange Schatten, die nicht nur anderen sondern auch Euch selbst das Licht rauben können. Ich bin der Meinung, wer den Ruhm wählt, hat sich mit einer eingeschränkten Privatsphäre zu arrangieren. Berühmte Menschen sind Stellvertreterpersönlichkeiten, die statt uns handeln und unsere Sehnsüchte anstelle von uns ausleben. Wir ziehen uns dann das Leben unserer Stellvertreter rein bis zum Abwinken, in guten und in schlechten Zeiten. Vor der Bühne, im Zuschauerraum, als zahlende Kunden sind wir gerne gesehen, doch backstage nur für Vips und Groupies. Und da geht’s doch erst richtig ab. Selbstverständlich, ich respektiere den Wunsch oder das Bedürfnis der Menschen nach innerem und äußerem Frieden. Sollten Einwände gegen den folgenden Text bestehen, werde ich ihn wahrscheinlich aus dem Verkehr ziehen.

    Mit einigem Erstaunen habe ich wahrgenommen, dass die Eltern von Kristina Rady und Bertrand Cantant eine Klage wegen Diffamierung erhoben haben gegen François Saubadu, den letzten, kurzweiligen Geliebten von Kristina Rady. Die Vorwürfe von Saubadu gegen die Radys und Cantat finde ich persönlich unberechtigt.  Besonders schmerzhaft finde ich seine Äußerungen die Eltern von Kristina Rady betreffend. Sollten sich diese etwas vorzuwerfen haben, sind sie wahrhaftig genug bestraft und sollten nicht noch zusätzlich öffentlich in Frage gestellt werden von einem Menschen, der zwar beteiligt, aber nur bedingt Einsicht hatte. Herr Saubadu sollte sich lieber fragen, wo er denn war, als Kristina Rady sich das Leben nahm, bevor er Eltern und Cantat angreift. Dennoch hat François Saubadu das Recht, sich öffentlich zu äußern.

    Also, sollten die Familien Cantat, Rady und Trintignant Einwände gegen den folgenden Text erheben, werde ich ihn vermutlich aus dem Verkehr ziehen.

 

Der Fall Marie Trintignant und Bertrand Cantat: Der schwelende Konflikt

    In der Nacht vom 26. auf 27. Juli 2003 tötete der Musiker Bertrand Cantat die Schauspielerin Marie Trintignant im Drogendilirium mit mehreren Schlägen ins Gesicht nach nur knapp einjähriger Liebesbeziehung. Wie konnte das passieren?

    Der Mann Bertrand Cantat und die Frau Marie Trintignant, 39 und 41 Jahre, er Dichter und Sänger, sie Schauspielerin. Eigentlich sind es eher die Schauspieler, die sich den Musikerin in künstlerischer Hinsicht unterlegen fühlen. Beide, Musiker und Schauspieler setzen ihre Körper ein. Sänger spielen sich selbst oder die Idee von sich selbst, Schauspieler spielen andere Menschen oder die Idee von anderen Menschen. Beiden können Rollen von anderen auferlegt werden, beide setzen sich in Szene, doch der Musiker steht im direkten Kontakt mit dem Publikum, der Filmschauspieler in direktem Kontakt mit dem Regisseur. Wenn der Sänger auch noch Dichter ist, drückt er sich selbst in seiner Kunst aus. Beide sind Teamworker, aber der Dichter-Sänger bleibt eigenständiger. So auch Bertrand Cantat.

    Er hat eigenständig, ohne seine Familie, vielleicht sogar gegen seine Familie, seine Kunst entwickelt. Marie Trintignant kommt aus einer Künstlerfamilie. Es ist der Vater Jean-Louis Trintignant, der die Familie ins Rampenlicht katapultierte und im Rampenlicht hält. Wie und warum er dies geschafft hat, ist mir ein Rätsel geblieben. Er verkörperte für mich eher den farblosen Buchhaltertyp, wenn auch unterschwellig mysteriös. Der Ruhm des Vaters ist mir ein Rätsel, der Ruhm der Tochter ebenso. Mir war schon ein Trintignant zu viel. So ist denn Jean-Louis Trintignant ein gutes Beispiel dafür, das eigentlich sehr viele Menschen Filmschauspieler werden könnten. Filmchauspieler-innen müssen nur die richtigen Regisseure treffen und schwups sind sie bekannt. Anders die Musiker, die müssen sich persönlich ins Zeug legen, sich immer wieder körperlich verausgaben, sich geben, live im Rampenlicht und nicht gediegen eingespielt vor der Kamera.

    In Künstlerfamilien scheint der sonst so oft als zwangsläufig dargestellte Generationskonflikt kaum vorhanden zu sein. Also ist dieser Konflikt doch nicht unabwendbar in unseren Genen angelegt. Töchter und Söhne von Künstlern gleiten einträchtig in das Rollenfach ihrer Eltern, manchmal sehen sie gar noch genauso aus. Charlotte Gainsbourg ist äußerlich kaum von ihrer Mutter Jane Birkin zu unterscheiden, gleiches Gesicht und gleiche Figur, gleiche Erscheinung. Jane Birkin mochte noch ihre Berechtigung gehabt haben, als Mädchenfrau ohne große Talente im Schlepptau von Serge Gainsbourg, aber Charlotte, was bringt die denn? Ich möchte betonen, das ich hier weder die menschlichen Eigenschaften von Marie Trintignant noch die von Charlotte Gainsbourg in Frage stelle, beide sicher herausragende weibliche Charaktere, aber weniger herausragende künstlerische Persönlichkeiten, die sich eher durch ihren Familiennamen und ihre Familienähnlichkeit als durch ihre künstlerischen Fähigkeiten hervortun.

    Da steht sie nun, die kleine Marie Trintignant, schon früh im Fokus der Öffentlichkeit an der Seite ihres Vaters. Bei den Schauspielern ist es wie bei einer Adelsdynastie, die Rollen werden wie Titel weitergegeben und vererbt. Marie Trintignant musste sich nie anstrengen, sie musste nur funktionieren, am besten genauso farblos wie ihr Vater, aber immer an der Seite ihrer berühmten Eltern. Die haben sie nie los gelassen. Und sie musste sich selbst beweisen, sie musste allen zeigen, dass sie den Ruhm verdient, sie ganz allein. Und deswegen hat sie gearbeitet, konzentriert und diszipliniert gearbeitet, viel Zeit investiert.

    Anders Bertrand Cantat, der hat seine Kunst dem Leben abgerungen. Sich durchgehieft mit Gelegenheitsarbeiten, geschrieben, gesungen, auch viel Zeit investiert, aber immer exzessiv, sich alles abringend mit dem Bewusstsein, alles verlieren zu können, mit dem Risiko, sich auf dem Sozialamt wieder zu finden, um sich wieder zu verlieren. Aber dann war der Ruhm da, das war sein Ruhm und der seiner Band und nicht der Ruhm seiner Eltern, der auf ihn kleckerte wie Taubenkacke aus der Luft. Und der Ruhm blieb nicht unbedingt haften wie der Ruhm von Marie Trintignant, mit dem sie schon auf die Welt kam. Bertrand Cantat musste sich immer wieder in Frage stellen, sich neu erschaffen, um up to date zu bleiben. Marie Trintignant brauchte einfach nur so weiter zu machen, alles lief durch und mit ihren Eltern, sie musste sich nur einfügen.

    Der Self-made-Künstler Cantat trifft auf die Erbfolge-Künstlerin Trintignat. Und er ist ihr künstlerisch überlegen, wie die anderen vier? Männer ihrer Kinder. Cantat hat den Vater-Style, den Trintignant-Modus. Aber sie ist doch Papas Liebling! Sie fühlt mit diesen Männern und jetzt mit Bertrand Cantat. Sie erkennt sich in ihnen, in ihm wieder. Bei aller Egozentrik ist sie sehr sozial und empfänglich für die Gefühle und Stimmungen anderer Menschen. Sie weiß, was Einsamkeit ist, sie weiß, was Selbstzweifel sind, sie weiß, was es bedeutet, sich durchsetzen zu wollen, ganz allein, ohne Eltern. Sie kann doch nichts dafür, dass sie um nichts kämpfen musste, dass ihre Eltern immer an ihrer Seite sind. Und sie hält ihre Wut zurück. Sie trifft den träumerischen und dennoch aggressiven Bertrand Cantat. Und sie verlieben sich. Doch in wen verlieben sie sich?

    Bertrand Cantat (im folgenden BerCa) bindet sich an eine berühmte Frau, eine Künstlerin, die durch ihre Eltern bekannt ist. Doch Marie Trintignant (im folgenden MaTri) ist ein von ihren Geliebten und Ehemännern unabhängiger Star, sie ist nur abhängig von ihren Eltern und sie muss filmen, viel filmen, mit ihren Eltern, ihrer Mutter. Das ist BerCa nicht gewöhnt. Seine anderen Frauen haben sich meist mehr oder weniger für ihn aufgegeben oder ihre Aktivitäten stark eingeschränkt bzw. nach ihm ausgerichtet. Vermutlich auch seine Ehefrau Kristina Rady (im folgenden KriRa), die er wegen MaTri verlassen hat. So reist er denn mit nach Ungarn zu den Dreharbeiten von MaTri, unter wessen Regie?, der ihrer Mutter bien-sûr. Er sagt sogar die Asien-Tournée von seiner Band Noir Désir ab, um in der Nähe seiner Geliebten zu sein. Und er langweilt sich, lenzt den Tag, ohne viel zu schreiben, ohne Marie. Die switcht aufgedreht zwischen Dreharbeiten und Geliebtem hin und her, energiegelanden, aber immer überanstrengt. Während er ausgeruht und erholt ist, abends sicher Einschlafschwierigkeiten hat, wird sie immer erschöpfter.

    Ist das endlich die große Liebe, die alles erfüllende Leidenschaft? Bertrand verspürt wieder diese ihm schon bekannte Leere. Und Marie? Die will auch nicht wahrhaben, dass die Leidenschaft unter ihrem Arbeitseifer und -verpflichtungen erlischt. Vielleicht doch besser, sich zu trennen? Marie hat da weniger Schwierigkeiten, vier Kinder mit drei oder gar vier? Männern. Das ist meiner Ansicht nach ein kleiner Rekord. Da braucht Frau schon viel finanziell abgesicherten Familienhintergrund, um das alles familienmäßig korrekt zu handhaben. Und Bertrand? Der will sich nicht eingestehen, dass er seine Ehefrau Kristina und seine doch sehr jungen Kinder für ein Strohfeuer verlassen hat. Das darf nicht sein. Das muss Liebe sein. Und dann diese natürliche Selbstgefälligkeit von Marie. Das nennen die Psychiater wohl Urvertrauen. Nichts bringt diese Frau aus der Fassung. Und wenn doch, sind Mami und Papi sofort zur Stelle. Nichts und niemand macht ihre Tochter fertig. Ich möchte ausdrücklich klarstellen, dass ich in keinster Weise das Familienleben der Trintignants in Frage stellen oder gar beurteilen möchte. Ihr Zusammenleben ist allein ihre Angelegenheit und von ihnen zu bewältigen.

    Droht Marie Bertrand mit Trennung? Vielleicht. Das kann nur Herr Cantat beantworten. Wenn sie mit Trennung gedroht haben sollte, dann wohl vor allem, weil ihr der exzessive Drogenkonsum von BerCa ahmählich zu viel wird. Er ist nicht on scene, tritt nicht auf und raucht und trinkt wahrscheinlich übermäßig viel. MaTri muss drehen, muss gut aussehen, doch der Drogenkonsum hinterläßt sichtbare Spuren bei der 41-jährigen Trintignant. Die Fassade bröckelt. Und Bertrand nervt mit seinen Eifersuchtsszenarien angesichts harmloser SMS von Exmännern. So kennt sich BerCa gar nicht. Ist dies die Langeweile? Er und eifersüchtig. Das hatte er bisher nicht nötig. Und dann diese tägliche Langeweile, die erst aufhört, wenn Marie in seiner Nähe ist. Wo bleibt seine Produktivität? Marie wird allmählich alles zu viel. Überall nur Ansprüche. Wo bleibt sie? Sie kann ihre Bedürfnisse gegenüber ihren Männern gut ausdrücken. Das Problem ist nur, sie kennt ihre eigenen Bedürfnisse nicht, sie kennt nur die Bedürfnisse ihrer Eltern. MaTri und BerCa werden immer unruhiger.

    Eins steht fest: Keine Frau verläßt Bertrand Cantat. Er ist ein Geschenk für die Frauen dieser Welt. Frank Zappa hat diese Zeile auch für ihn geschrieben. Bertrand sucht die wahre Liebe und er kann lieben. Er ist der ewige Adonis. Doch er nervt Marie Trintignant. Er nervt zum ersten Mal eine Frau. Und beide wollen doch unbedingt lieben. Marie provoziert ihn immer wieder und er antwortet mit kleinlichen Eifersuchtszenen. Er erkennt sich selbst nicht mehr wieder. Doch gegen die Familienfestung Trintignant kommt niemand an, auch nicht Bertrand Cantat, der landet prompt im Festungsgraben, uneinehmbar ist diese Familienburg. Marie kann alles wagen, die Unterstützung ihrer Eltern ist ihr sicher. Will sie sich nun trennen oder nicht? Eine weitere gescheiterte Beziehung. Nein, noch will sie weitermachen, aber provozieren.  

    Geht sie zu weit in dieser Nacht? Sie, die zierliche, verständnisvolle, privat ihre Persönlichkeit eher zurückhaltende Frau unterschätzt seine körperlichen Kräfte. BerCa ist recht muskulös und kräftig. Seine Physis ist stabil, während seine Psyche instabil ist. Er ist wütend, aber er ist nicht gewalttätig. Doch an jenem Abend schlägt er zu. Er schlägt nicht nur zu, er legt seine bewusstlose, doch wohl blutende Geliebte auf das Hotelzimmerbett und unternimmt mehrere Stunden nichts, bis er schließlich Maries Bruder anruft, der auch noch in der Nähe ist und schließlich vorbeikommt. Die Familienbande der Trintignants sind stark, aber nicht stark genug, um Marie wiederzubeleben. Marie Trintignant stirbt am 1. August 2003. Für ihren Tod ist Bertrand Cantat verantwortlich.

    Obwohl BerCa sehr heftig und wiederholt MaTri ins Gesicht schlug, ist davon auszugehen, dass er im Affekt handelte. Er hatte nie vor, seine Geliebte zu töten. Bei aller körperlichen Robustheit mit der Geschmeidigkeit einer Raubkatze, ist BerCa ein eher träumerischer, durchaus grüblerischer Mann, der dennoch von wilder Sinnlichkeit beherrscht ist und auch die Einsamkeit liebt. Er ist jedoch auch impulsiv, unbeherrscht und unberechenbar, ein homme pressé, ein Getriebener. In jener Nacht verliert er die Beherrschung.

    Es ist die Wut des underdogs gegen die Favoritin, des Ungesicherten gegen die Abgesicherte, die in einem Gewaltepos losbricht. Klassenkampf im Hotelzimmer. Er schlägt sich in Rage. Und kann nicht mehr aufhören. Und Marie ist erschlagen. Sie muss sehr zugerichtet gewesen sein, Nase zertrümmert, Gesicht geschwollen und blutig, doch Bertrand hievt sie aufs Bett und legt ihr einen feuchtes Handtuch auf die Stirn. Warum rief er nicht sofort Hilfe? Stand er unter Schock, überlegte er nun kaltblütig, wie vorgehen, was erzählen? Oder brach er fassungslos zusammen? Ich kann mir kaum vorstellen, dass er nicht wusste, wie es um Marie stand. Sie reagierte nicht mehr, sagte nichts, war leblos, da weiß eigentlich jeder, was los ist: Notarzt notwendig.

    Niemand kann ermessen, wie handeln nach einen solchen Gewaltakt und deswegen kann BerCa seine unterlassene Hilfeleistung nicht vorgewerfen werden, auch wenn sie uns sehr merkwürdig anmutet. Fest steht jedoch, dass BerCa in dieser Nacht zweimal versagt hat. Er hat brutal zugeschlagen und er hat nicht geholfen. Seine Geliebte ist tot, doch seine Ex, Kristina, eilt an seine Seite. Während des Prozesses hält sie zu ihm, sie stellt sich den Fragen von Gericht und Presse und sie beteuert immer wieder seine Gewaltlosigkeit. Doch sie sagt auch, dass Bertrand schon mal mit Tellern um sich geworfen hat und dass es auch zu kleineren Rangeleien kam. Immerhin, BerCa hatte sich trotz kleinerer Unbeherrschtheiten immer im Griff. Seine Unbeherrschtheit richtete sich meiner Meinung auch nicht spezifisch gegen Frauen.

    Er, der Mann für den die Gleichberechtigung der Geschlechter selbstverständlich und natürlich ist, wird zum "Symbol der gegen Frauen gerichteten Gewalt" (Bertrand Cantat, Interview Zeitschrift les inROCKS, 11/04/2014). Das das ist ungerecht, das ist beängstigend, dass ist tragisch. Bertrand Cantat wird in einer Nacht vom gemeinnützigen Rebellen zum eigennützigen Gewaltäter.

Der Fall Kristina Rady: Die zerbrechliche Entschlossene

    2003, unser erstes Jahr in Frankreich, unser Aufenthalt in Frankreich beginnt. Ich erfuhr von dem Fall Cantat während meiner ersten Aushilfstätigkeit als 'Zimmermädchen' in den Sommerferien am Cap d'Agde. Liegengebliebene Regenbogenpresse, von mir selbstverständlich nur eingesammelt und gelesen, um meine Französischkenntnisse zu vertiefen. Noir Désir, nie gehört, was machen die für Musik?

    Noir Désir, seltsamer Name besonders angesichts dieser bizarren Ereignisse. Was ist das, ein noir désir? Gibt es auch das blanc désir? Steht schwarz für böse, schlecht und verboten, weiß für lieb, gut und erlaubt?, sinne ich. Aber andererseits, wieso so tief in den Abgründen unserer Psyche schürfen? Schwarz ist doch dunkel, und weiß ist doch hell. Und was ist hell und was ist dunkel? Hell ist der Tag und dunkel ist die Nacht. Und wie ist es tagsüber, wie ist es nachts? Tagsüber scheinen Dinge klar, bewusst und ergründbar, nachts sind die Dinge unklar, unbewusst und unergründlich, unscharf, undeutlich, vielleicht auch seltsam, verwirrend oder gar beängstigend, vor allen Dingen aber diffus. Ein schwarzes Verlangen ist zunächst ein diffuses, undeutliches und unergründliches Verlangen, erst mal ohne moralische Bewertung. Es gibt da ja auch noch den 'film noir' als mögliche Referenz.

    Und Bertrand Cantat, wer ist das denn? Marie Trintignant kannte ich nicht, aber Jean-Louis Trintignant, den kannte ich natürlich, der unergründliche Farblose aus den Filmen der Nouvelle Vague. Ist der also auch noir? Marie Trintignant musste eine Verwandte sein. Ah, die Tochter, ach so. Und Bertrand Cantat ein französischer Rockstar. Die Geschichte begann mich zu interessieren. Ich machte mir meine Gedanken, von denen einige hier zu lesen sind. Die aufopferungsvolle Exgattin Kristina Rady kam noch ins Spiel. Interessant. Sie stellt sich hinter Cantat. Ich hatte damals relativ schnell den Eindruck, sie will ihn zurückholen. Sie ist die liebende Gattin geblieben, völlig perplex, dass Cantat diese ungeheuerliche Tat vollbracht hat. ... ... ...

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